Großregion SaarLorLux
Website Thomas Abel

Die 3 Fürstengräber von Weiskirchen

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In der Großregion gibt es eine große Dichte an bedeutenden keltischen Fürstengräbern. 

Das Fürstinnengrab von Reinheim auf der deutsch-französischen Grenze, das Fürstengrab von Weiskirchen, das Fürstinnengrab von Besseringen und die goldene Schale von Schwarzenbach im Nord-Saarland sind international herausragende Beispiele. 

Über 500 Jahre haben die mächtigen Fürsten die Geschichte der Großregion bestimmt. Sie legen den Grundstein für eine neue Kultur im Herzen Europas.

Um 480 vor Christus entwickeln die Kelten eine neue Kultur – die Latène-Kultur. 

Sie ist Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses. Von den keltischen Siedlungen an Saar, Mosel und Mittelrhein, sowie der Champagne breitet sich der neue Kunst- und Lebensstil über halb Europa aus.

Zu den Grabbeigaben gehörten reich verzierte Schwerter, Bronzegeschirr und kostbarer Goldschmuck. Kunstwerke wie die goldene Schale aus dem Fürstengrab von Schwarzenbach (nahe dem Hunnenring) oder der Halsring der Fürstin von Reinheim oder der im Puschkin-Museum in Moskau zu sehende Halsring der Fürstin von Besseringen  sind unübertroffene Meisterwerke der Latène-Kultur.

Bronze Stamnos

Im 19. Jahrhundert wurden insgesamt drei Prunkgräber bei Weiskirchen entdeckt. Der Zeitraum der Anlegung der Gräber innerhalb von etwa einem halben Jahrhundert legt nahe, dass hier drei aufeinanderfolgende Fürsten bestattet wurden. Ob sie allerdings miteinander verwandt waren oder nicht, muss mangels analysierbarem Knochenmaterial offen bleiben.

Die frühe Entdeckung der Grabhügel von Weiskirchen im 19. Jhdt. war durch unzulängliche Grabungsmethoden, Dokumentation und Konservierung der Funde zwar mit einem großen Verlust an Information verbunden, aber sie weckte auch das Interesse an der eigenen, regionalen Vergangenheit vor den Römern.

In das 19. Jahrhundert fallen die großen Entdeckungen von Hallstatt (1846) und La Tène (1858), die jeweils für eine ganze vorgeschichtliche Epoche namensgebend waren. 

Aber auch regional wurden in dieser Zeit viele prächtig ausgestatteten Gräber ausgegraben, z.B. Theley (1835, Remmesweiler (1837), Siesbach (1845), Schwarzenbach (bei Freisen, 1849), Wallerfangen (1853-54) und Besseringen (1863).

In den 3 Prunkgräbern von Weiskirchen war, wie schon im Fürstinnengrab von Besseringen, jeweils mindestens ein Importgefäß aus Etrurien (Italien) enthalten sowie qualitätsvolle weitere Beigaben auseinheimischer Produktion.

Schnabelkanne aus Hügel I

An den Grabbeigaben wird besonders eindrucksvoll die Aufnahme mediterraner Vorbilder und die Umsetzung in eine typisch keltische Kunst deutlich. Dabei handelt es sich um gestalterisch und technisch sehr anspruchsvolle Kunstwerke, die mit edelsten Materialien wie Gold, Koralle und Bernstein hergestellt wurden.

Die Grabhügel I und II befinden sich in der Flur »Schanzenknöppchen« am Ortsrand von Weiskirchen, südwestlich der Straße nach Zerf zwischen dem Eichenlaubhof und dem Ehrenfriedhof des 2. Weltkrieges. Die beiden Grabhügel sind etwa 30 m voneinander entfernt.

Der Hügel III liegt ca. 1.000 m weiter in Richtung Wildpark direkt neben der Straße (die hier dem Verlauf einer Römerstraße folgt). Der Grabhügel III wird in der älteren Literatur unter dem Fundort »Zerf« geführt.

Die Lage an einer Fernverbindung ist typisch für solch repräsentativ angelegte Gräber (vgl. z.B. Belginum an der Hunsrückhöhenstraße).

Leider konnte Hügel III schon 1899 nicht mehr festgestellt werden und Hügel I, welchen W. Dehn 1939 noch vorfand, war bereits 1976 bei den Nachforschungen Prof. Haffners nicht mehr erkennbar. 

Möglicherweise wurde in früheren Jahrhunderten die fruchtbare Erde der Hügel zur Verbesserung der Felder abgefahren, sodass keine Spur zurückblieb. 

                    

Forschungsgeschichte

Hügel I:

1851 kam bei Abtragung des Hügels zur Gewinnung von Mutterboden ein reich ausgestattetes keltisches Grab zum Vorschein. 

Trinkhornbeschlag

Die gefundene Schnabelkanne wurde von Fabrikbesitzer von Boch aus Mettlach erworben und später dem Museum in Trier geschenkt, während die anderen Funde ins Altertumsmuseum in Mainz gelangten.

1939 kaufte das Trierer Museum diese Fundstücke an, wobei sich darunter auch einige Objekte befanden, die vorher nirgendwo erwähnt wurden. Leider sind die die Funde inzwischen aber auch – wahrscheinlich wegen ihres schlechten Erhaltungszustandes - im Museum in Trier nicht mehr aufzufinden. 

        

Hügel II:

1830 wurde dieser Hügel unsystematisch durchsucht. Es gibt keinen Fundbericht. 1866 veranlasste Herr von Boch, der Besitzer der Schnabelkanne aus Grab I, eine Ausgrabung. 

     

Hügel III:

Ebenfalls 1866 wurde dieser Hügel durch Herrn von Boch nachuntersucht, ohne jedoch irgendwelche Funde zu machen. Der Hügel war offensichtlich schon früher auf gegraben worden, möglicherweise als die Straße zwischen Weiskirchen und Zerf gebaut wurde.

Laut eines Manuskripts des Trierer Domkapitulars Johann Nikolaus von Wilmowsky (siehe auch: Der Fälscher von Nennig) wurde Hügel III in den 1850er Jahren von den Grundstückseigentümern durchsucht.

Einer der am Fund Beteiligten, Herr Begger, Chausséaufseher in Zerf, bot Herrn von Wilmowsky die Funde aus Hügel III an. Die Verwechslung des Wohnortes des Finders (Zerf) mit dem Fundort geschah wahrscheinlich, als die Objekte zu einem unbestimmten Zeitpunkt in die Sammlung der »Gesellschaft für nützliche Forschungen« in Trier übergingen.

1873 befanden sich die Funde laut einer Notiz von Ludwig Lindenschmitt jedenfalls schon im Museum der »Gesellschaft für nützliche Forschungen« in Trier, heute sind sie im »Rheinischen Landesmuseum« in Trier. 

Auch wenn die aus heutiger Sicht unsachgemäße Ausgrabungen eine Fülle an Informationen unwiederbringlich zerstört haben, konnten zumindest die erhaltenen Fundstücke mit neu aufkommenden Methoden wie z.B. Röntgen oder Isotopenanalyse zur Herkunftsbestimmung der verwendeten Materialien untersucht werden. Somit konnten sie zur Erweiterung unseres Wissens über keltisches Kunsthandwerk und die damalige Ausdehnung von Handelsbeziehungen beitragen. 

         

Funde & Befunde

Die Hügel wurden in der Reihenfolge ihrer Entdeckung nummeriert. Dabei ist der am weitesten von Weiskirchen entfernte Hügel III der Älteste (etwa Mitte des 5. Jh. v. Chr.). Hügel I wurde zuletzt angelegt (um 400 v. Chr.). Deshalb beginnt die Beschreibung der Funde hier mit Hügel III. 

     

Hügel III

Zum Zeitpunkt der Ausgrabung war der Hügel nur noch 6,50 m breit und 3 m hoch. In der Mitte des Hügels fand sich eine Steinsetzung von etwa 50 cm Durchmesser, die wahrscheinlich zur Verkeilung einer längst vergangenen hölzernen (?) Grabstele diente. 

Eine ähnliche Aufnahme für eine Stele wurde in Bescheid, Kreis Trier-Saarburg gefunden (50 x 60 cm große, hohle Steinsetzung). 

      

Funde: 

  • Bronzebecken ohne Henkel, Durchmesser 29,1 cm, Höhe 5,5 cm.
  • schwere gegossene Bronzefibel mit Darstellung eines Gesichts am Fibelfuß, Länge 3,5 cm
  • Bronzeschnabelkanne, ergänzte Höhe 35,4 cm
  • Goldarmring, Durchmesser 7,8 bis 8,4 cm
  • Fingerring aus dünnem Goldblech, Durchmesser 2,4 cm 

     

Verbleib aller Funde aus Hügel III:

»Rheinisches Landesmuseum« Trier. 

Für den goldenen Arm- und Fingerring ist relativ sicher, dass sie aus Hügel III von Weiskirchen stammen, die Herkunft der beiden Bronzebecken, der Maskenfibel und der Schnabelkanne kann nicht abschließend geklärt werden. 

Zusammen mit den anderen von Herrn von Wilmowsky angekauften Fundstücken (eisernes Schwert, eisernes Messer, sowie einige Bronzeringe und -plättchen, allesamt verschollen) würde sich aber eine komplette Grabausstattung eines Fürsten aus Schmuck, Waffen und Trinkgeschirr ergeben.

Zudem wird der Chausséaufseher aus Zerf, der von Wilmowsky die Funde anbot, als »ein am Funde Beteiligter« bezeichnet, sodass es durchaus weitere Mitbesitzer von Funden aus Hügel III gegeben haben kann.

        

Hügel II  - Funde & Befunde

Dieser Hügel wurde schon 1830 unsystematisch durchsucht. 1866 führte Eugen Boch, Leiter des Familienunternehmens Villeroy & Boch, eine Ausgrabung durch. 

Es wurde eine Steinpackung festgestellt, die die wahrscheinlich hölzerne Grabkammer schützen sollte.

Der gefundene Stamnos »stand auf Resten eines gewebten groben, wollenen Stoffes« mit dem wahrscheinlich das Gefäß eingehüllt bzw. die gesamte Grabkammer ausgelegt worden war. Ähnliches war auch  z.B. auch beim Fürstengrab von Hochdorf zu beobachten. 

Im Stamnos befand sich ein Klumpen einer harzartigen Masse, die ebenfalls »kleine Stücke von Leinwand« einschloss und »in allen ihren Eigenschaftenvollständig mit denjenigen des gewöhnlichen Pechs überein-stimmt«.

Es wurden weder Skelettreste, noch Leichenbrand im Bericht der Grabung erwähnt, sodass die Art der Bestattung nicht bekannt ist. 

Absolut untypisch für ein keltisches Grab ist das vollständige Fehlen von Keramik und Trachtbestandteilen wie Fibeln oder Schmuck. Das spricht dafür, dass dieses Grab schon 1830 oder noch früher ausgeraubt wurde bzw. einige Funde 1866 unterschlagen wurden.

          

Funde

  • Bronzestamnos, Höhe 41,5 cm. (Ein Stamnos ist ein eimerförmiger Behälter mit waagerechten Schultern und weiter Mündung sowie zwei Henkeln, der ebenso wie die Schnabelkanne zum keltischen bzw. etruskischen Trinkservice gehörte.)
  • Bronzeschnabelkanne, ergänzte Höhe 34,3 cm
  • Goldblechbeschlag eines Trinkhorns mit Sphingenmuster, oberer Durchmesser 4,9 cm, unterer 4,6 cm.
  • Schwertspitze mit Eisenscheide, erhaltene Länge 7 cm

     

Verbleib der Funde:

»Rheinisches Landesmuseum«  Bonn 

     

Hügel I  - Funde & Befunde

Der Hügel I wurde als letzter der drei Weiskircher Grabhügel angelegt und weist die prächtigste Ausstattung auf.

An den Grabbeigaben wird besonders eindrucksvoll die Aufnahme mediterraner Vorbilder und die Umsetzung in die typisch frühkeltische Kunst deutlich. 

Es handelt es sich um gestalterisch und technisch sehr anspruchsvolle ausgeführte Kunstwerke, die mit edelsten Materialien wie Gold, Koralle und Bernstein umgesetzt wurden. 

Aus dem recht knappen Bericht über die »Ausgrabung« von 1851 (der Hügel wurde von Bauern zur Gewinnung von Mutterboden abgetragen) geht außer einer Aufzählung der Fundstücke nur hervor, dass die Grabkammer von einer dicken Steinpackung geschützt war und dass keine Tongefäße oder Tonscherben gefunden worden sind.

        

Der Hügel enthielt das Folgende:

  • Bronzeschnabelkanne, Höhe 43,1 cm.
  • Gegossener, bronzener Gürtelhaken, 7,5 x 4,7 cm.
  • Ring aus Bronze mit Koralleneinlagen, Durchmesser 4,3 cm.
  • Gegossene Viermaskfibel, 4 cm
  • Eiserner Dolch in Scheide aus Eisen mit bronzenem Zierblechbesatz, erhaltene Länge (ohne den vergangenen Griff aus organischem Material) 30,5 cm, ursprüngliche Länge ca. 40 cm
  • Die sog. »Goldscheibe, Typ Weiskirchen« (8 x 8 cm). Aufgrund ihres frühen Fundzeitpunktes und ihrer qualitätsvollen Verarbeitung war sie namensgebend für eine ganze Gruppe frühlatènezeitlicher Zierscheiben. 

Dass Goldscheiben vom Typ Weiskirchen bisher in nur sieben von über 100 Latène-A-Fürstengräbern gefunden wurden, beweist, dass sie nur besonders herausgehobenen Personen mit ins Grab gegeben wurden.


Verbleib der Funde:

»Rheinisches Landesmuseum« Trier